Captain Beefheart & The Magic Band
Jahrhunderthalle, Frankfurt, Germany
1972-04-14

Lineage: AUD>tape 3rd gen>Wavelab>WAV>sound improvement using Freefilter and Timeworks Mastering EQ>Flac Frontend>FLAC (level 8)>Trader's Little Helper>WAV>Wavelab>sound improvement using Freefilter, Equalizer>Trader's Little Helper>FLAC (level 8)

Tracklist:
01. Hair Pie: Bake III (1:35)
02. The Mascara Snake (0:39)
03. The Mascara Fake (0:26)
04. The Mascara For God's Sake (1:09)
05. When It Blows Its Stacks (3:54)
06. Click Clack (3:48)
07. Band Intro (0:47)
08. Hobo Chang Ba (2:35) instrumental
09. I'm Gonna Booglarize You Baby (5:06)
10. Old Black Snake (2:45)
11. Peon (3:50)
12. Abba Zaba (2:48)
13. Spitball Scalped A Baby (12:21)
14. My Human Gets Me Blues (3:40)
15. Steal Softly Thru Snow (2:40) instrumental
16. Golden Birdies (1:44)

Total time: 48:49

Quality: 7.5/10

Line-Up:
Captain Beefheart/Don Van Vliet: vocals, saxophone, harmonica
Rockette Morton/Mark Boston: bass guitar, guitar
Orejon-Audi Hon/Roy Estrada: bass guitar
Zoot Horn Rollo/Bill Harkleroad: guitar, slide guitar
Winged Eel Fingerling/Elliot Ingber: guitar, slide guitar
Ed Marimba/Art Tripp: drums, percussion

Werner Neumann: Fun For Fans - Captain Beefheart at the Hoechst Century Hall.
When someone should ask about the strangest rock concert of the season: it took place in the 'Hoechster Jahrhunderthalle'. Only a handful of insiders had lost its way into the hall, and a kind of familiar atmosphere reigned as 'Captain Beefheart' and his 'Magic Band' started with their work.
'Captain Beefheart' alias Don Van Vliet (a Zappa comrade from the land of the unlimited chances), on the outside a bear, an unicum with a voice of four-and-a-half octaves, makes rock theatre in an unusual way. His vocal cord acrobatics begin somewhere low down in the basement, roar impassioned from the stereo walls, practice as pneumatic crackling and shrieking drag - and finally end at circular saw pitch, a sort of torture rack for harmony loving ears, a thing like a synthesizer.
The 'Magic Band' works against the atonal, un-melodic anarchy of his voice: drums, two basses, two guitars that tear up rock devices in a wild mix - but skilled - and create an unheard tensile, polymetric music out of the remaining fragments. As solo players the musicians are accomplished: they know their manual between blues and free jazz.
All together: a total anti-music, a bombastic hubbub. The lyrics Van Vliet produces and recites (complete unintelligible - but you can't have all) range - eye-blinking like the man himself - between mystic twaddle, much kitsch and beautiful nonsense.
Whether Beefheart takes himself serious or not - it's funny anyway. Thus - as also known from Zappa's Mothers - his show makes a clear distance to the hectic of the commercial pop music through irony and satire.
(Werner Neumann: Darmstädter Echo. April 18, 1972. A reprint of this review appears in 'Garantiert Ungewöhnlich', the German translation of Colin David Webb's 'Captain Beefheart'. Thanks to Theo Tieman for providing the gorillacrow trancelation from 1995)

Bernd Gockel: Nachdem der Veranstalter des Konzerts in Bremen wegen mangelnden Interesses kurzfristig abgesagt hatte, war die Frankfurter Jahrhunderthalle wieder einmal der einzige Ort in Deutschland, an dem sich ein so wichtiges Musikereignis wie der Auftritt von Cpt.Beefheart abspielte. Ebenso traurig ist die Tatsache, daß selbst hier und bei einem derartigen Anlaß die Halle nicht einmal halb gefüllt war. Auf der anderen Seite aber erfreulich, denn das kleine Publikum war gut wie selten zuvor, und man konnte es dem nicht immer publikums-freundlichen Captain anmerken, daß ihm die relaxte Atmosphäre und dazu die gute Akustik der Jahrhunderthalle Freude machten.
Zuvor gab es noch eine Vorgruppe aus deutschen Landen, u. z. eine neue Zwei-Mann Blues-Formation namens Greyhounds, die auf Akustik-Gitarren traditionelle Bluesstücke von J.B. Lenoir, Big Bill Broonzy, Sonny Boy Williamson u. a. spielten. Es fehlte den beiden offensichtlich die nötige Bühnenerfahrung, sie wirkten etwas nervös und verspannt, was natürlich gerade dem Blues-Feeling nicht besonders zuträglich ist. Für meine Begriffe wurde zu sauber und glatt gespielt, die Technik stand noch mehr im Vordergrund als Emotion und Musikalität der ausführenden Person. Den freundlichen Beifall jedoch hatten sie sich voll verdient.
Es war eine ausgezeichnete Idee, eine Gruppe mit traditionellem Blues-Background dem Captain und seiner Magic Band voranzustellen. Denn was Beefheart von 10-12 Jahren (damals noch als Don Van Vliet) gemacht hat, dürfte von dieser Musik gar nicht allzu weit entfernt gewesen sein. Der kontrastierende Vergleich läßt erahnen, wie tiefgreifend die zwischenzeitlichen Veränderungen gewesen sein müssen. Beefheart hat im Laufe seiner langjährigen Fortentwicklung kompromißlos mit den elementaren Bestandteilen seiner Musik experimentiert und so die rhythmischen und harmonischen Beschränkungen, die ihm die Bluestradition auferlegte, mehr und mehr überwunden, sie dann aber wieder in einer neuen, höchst persönlichen Synthese verarbeitet. Da der Beefheart von 1972 ohne diesen "historischen" Hintergrund nur schwer verständlich ist, seien die wichtigsten Stationen seiner Metamorphose - soweit sie durch Schallplatten dokumentiert sind - hier noch einmal kurz skizziert.
1964 erscheinen die beiden ersten Singles mit gängigem R&B - Material, darunter auch Bo Diddleys Do Wah Diddy.
Auch das Debutalbum Safe As Milk und der erst im letzten Jahr veröffentlichte Mirror Man (beide 1965) basieren noch auf traditionellen Bluesformen, jedoch zeigt schon hier ein Stück wie Abba Zaba, wie artfremde Elemente in die Musik eindringen: Der kontinuierliche Rhythmus splittert auseinander, metrische Akzente werden verschoben; dazwischen schieben sich Beefhearts surrealistische Poeme, vorgetragen mit seiner schweren, kraftvollen Stimme, die immense Ausdrucksmöglichkeiten beherrscht, tiefe, kaum mehr hörbare Baßtöne (4 1/2 Oktaven soll sein Stimmumfang betragen) ebenso wie das schrille Hochziehen und Sich-Überschlagen der Stimme ins Falsett am Ende einer Phrase.
Nach Strictly Personal (1968), das von der psychedelischen Bewegung, beeinflußt ist, dann 1969 ein Meilenstein zeitgenössischer Musik, das Doppelalbum Trout Mask Repliqua [sic!], welches den beschrittenen Weg konsequent zu Ende führt und die Blues-Elemente bis zur Unerkenntlichkeit verfremdet; eine Collage-Technik, die Beefhearts Free-Ausbrüche auf Sopran/Tenorsax und Baßklarinette neben Sprech-Passagen und "Gedicht"-Rezitationen stellt, Weiterentwicklung der Stimme als ein gleichberechtigtes Instrument, das auch Perkussionsaufgaben erfüllen kann, völlige Ausschöpfung voka1er und instrumentaler Klangmöglichkeiten, rhythmische und harmonische Freiheiten, wie sie die Pop-Musik bisher nicht kannte.
1970 dann Lick My Decals Off, Baby, dessen neuerliche Hinwendung zu einfacheren Songstrukturen überraschend, aber dennoch erklärbar ist. Beefhearts Entwicklung ähnelt hier derjenigen einiger Free-Jazzer (z.B. Gato Barbieri), die nach der totalen Auflösung der von ihnen bisher verwendeten musikalischen Formen nun die Freiheit zu einer individuellen Neugestaltung der freigelegten Elemente besitzen.
Dieser Aspekt trifft noch in verstärktem Maße auf die Anfang dieses Jahres erschienene LP Spotlight Kid zu, die vor allem durch die stärkeren Rock-Akzentuierungen und die dadurch entstehende rhythmische Vereinfachung unzweifelhaft das am leichtesten zugängliche Album ist. Nach Trout Mask Repliqua scheint sich Beefhearts heutige Musik wieder zur Ausgangsposition zurückzuneigen. Und doch sind beide Phasen in keiner Weise vergleichbar. Die jahrelange Auseinandersetzung mit den elementarsten musikalischen Mitteln wie Rhythmus und Harmonie ist in Spotlight Kid integriert und verarbeitet worden. Die gemachten Erfahrungen sind zu einer neuen Musik verschmolzen, über die der englische Kritiker R. Williams mit Recht bemerkte, daß sie auch nicht annähernd von einer anderen Gruppe der Welt reproduziert werden könne.Zum Konzert! Es wurde eröffnet durch ein fünfminütiges Baß-Solo von Rockette Morton, das sich aus unglaublichen Akkordgruppen zusammensetzte, die Morton mit der ganzen Handfläche schlug. Dann der Rest der Gruppe in der Besetzung von Spotlight Kid, also auch mit Winged Eel Fingerling, von dem man erzählte, er habe nach einigen Monaten des Zusammenseins mit der Gruppe das Weite gesucht; außerdem mit einem zweiten Bassisten, der mit 99%iger Sicherheit die Ex-Mother Roy Estrada gewesen sein muß. (Beefheart nannte bei der Vorstellung der Gruppe zwar einen anderen Namen, aber das will bei ihm ja nicht viel heißen.)
Die Hereinnahme eines zweiten Basses erwies sich als entscheidender Faktor für die oben erwähnte verstärkte Hinwendung zum Rock. Estrada orientierte sich mit seinem sehr tief gestimmten Baß an Marimbas Schlagzeug und spielte relativ durchgängige, an den Grundrhythmus gebundene Baßlinien, während Rockette Morton sprunghaftes Akkord-Spiel Off-Beat-Akzente dagegensetzte.
Überhaupt waren die Zweier-Bildungen innerhalb der Gruppe nicht zu übersehen, was sogar äußerlich daran abzulesen war, daß die vier Gitarristen/Bassisten ständig ihren Platz wechselten, sich paarweise für einige Momente fixierten und dann wieder neu gruppierten. Das zweite Paar rekrutierte sich aus den Gitarristen Zoot Horn Rollo und Winged Eel Fingerling, deren Zusammen- bzw. bewußtes Gegeneinander-Spiel offensichtlich war, wenn es auch nicht mit herkömmlichen Schemata wie das Ruf-Antwort-Prinzip des Blues. Auf das dritte Paar mußte man leider verzichten, da der frühere Schlagzeuger Drumbo, der sich mit dem jetzigen Drummer Ed Marimba auf der letztjährigen US-Tournee mitreißende Schlagzeugduelle geliefert haben soll, jetzt nur noch als Roadie hinter den Verstärkertürmen tätig ist. Dadurch entfielen folglicherweise auch Marimbas Marimba- und Piano-Einlagen, die der Musik auf der Platte eine zusätzliche Dimension verleihen.
Stärker noch als Spotlight Kid erwies ihr Live-Auftritt, daß aus dem Chaos von Trout Mask Repliqua inzwischen ein organisiertes Chaos geworden ist, das zwar nicht mehr jene Freiheit und Vielfältigkeit besitzt, dafür aber in einer ganz neuen Weise reizvoll ist. Rufe aus dem Publikum nach Trout Mask Repliqua waren deshalb völlig verfehlt, da sie die vollzogene und nicht mehr aufhebbare Wandlung ignorierten. Das Repertoire umfaßte je fünf oder sechs Stücke von Spotlight Kid und Lick My Decals Off, Baby, aber selbst das zum Schluß gespielte Abba Zaba sowie My Human Gets Me Blues und Steal Softly Thru Snow (von Trout Mask Repliqua) paßten sich dem neuen Stil reibungslos an. Zu diesem neuen Stil gehörte auch, daß nur wenig Raum für Soli zur Verfügung stand; so hatte W. E. Fingerling wie auf Platte in Alice In Blunderland seine kurze Feature-Nummer, die sich aber ebenso wie die restlichen Instrumental-Soli und eine Vokal-Einlage des Captain nie allzu weit vom Grundmotiv eines Titels entfernte. Neben Mortons Baß-Solo zu Beginn war die einzige Ausnahme ein zehnminütiges Beefheart-Free-Solo auf dem Sopransax, dem der begleitende Ed Marimba auf den Drums überhaupt nichts entgegenzusetzen hatte. Allgemein ist auffallend, daß Beefhearts Saxophon-Spiel die Gruppe in eine konträre Richtung führt als beim Einsatz der Mundharmonika (z. B. in Grow Fins), die gleich Assoziationen an einen rustikalen Country-Blues erweckt. Aber gleichgültig, ob es Blues, Rock oder Free-Rock ist, Live-Auftritt oder Studio-Aufnahme, hinter der Musik steht immer eine ausgeprägte Persönlichkeit und ein genialer Musiker, und man kann nur hoffen, daß bald größeren
Kreisen von Musikfreunden die Augen geöffnet werden.
(Bernd Gockel: Cpt. Beefheart and His Magic Band zum ersten Mal in Deutschland. Sounds (Germany). June 1972)

hamza: wow, that brings back memories: Me and some friends had made the ride from Hamburg to Frankfurt (550 km) for the show in my old battered VW bus, then this show blew our minds completely, in a way "Total Music Theatre", the most impressive "concert" I've ever attended (I still have some b&w photographs from that night). I do not remember how in heaven we made the the ride back (again 550 km) that same night, but we did.
(DIME)